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Die Sammlung in 50 Porträts



Seit über 160 Jahren sammelt das Naturmuseum Thurgau Objekte zur Natur und zur Naturgeschichte der Region. Mittlerweile umfassen die verschiedenen Sammlungsteile rund 115‘000 Objekte aus den Bereichen Botanik, Zoologie, Geowissenschaften und Kulturgeschichte der Natur.

An 50 Beispielen geben wir Ihnen einen repräsentativen Querschnitt durch unsere Sammlung, jedes Beispiel wird in Wort und Bild porträtiert. Zu ausgewählten Objekten geben Kulturwissenschaftlerin und Sammlungskuratorin Barbara Richner und Museumsdirektor und Biologe Hannes Geisser gleich selber Auskunft darüber. Viel Vergnügen beim Lesen, Hören – und Schmunzeln!

  • Mensch (Schädel)

    Mensch  Homo sapiens
    Schädel, Steckborn, 1958
    Knochen, Zähne, Wachs

    ► Dies ist der Kopf eines ca. 50 bis 60 Jahre alten Mannes, der im 7. Jh. n. Chr. in Steckborn als Bauer lebte. Vor dem Bau der neuen Kirche in Steckborn veranlasste Karl Keller-Tarnuzzer eine Notgrabung, da in der Umgebung wiederholt Gräberfunde gemacht worden waren. Insgesamt wurden 1958 zehn Gräber freigelegt. In Grab Nummer 9 lag dieser Mann. Die Untersuchungen zeigen stark abgekaute Zähne und dass er unter Arthrose litt. Weiter hat er sich den linken Arm verletzt: Schlüsselbein, Unterarm und Daumen sind gebrochen – vielleicht durch den Sturz von einem Pferd.

    ► Dass sich dieser Schädel aus Steckborn in der Sammlung des Naturmuseums befindet, ist ein Versehen. Er war dem Naturmuseum vom Amt für Archäologie für den, bis 1994 bestehenden Ausstellungsteil zum Thema Mensch zur Verfügung gestellt worden, die restlichen Überreste blieben im Depot der Archäologen. Nach dem Abbau der Ausstellung wurde der Schädel versehentlich im Naturmuseum inventarisiert und in dessen Depot gelagert. Das Versehen wurde erst im Zuge der Vorbereitungen zur Sonderausstellung «Thurgauer Köpfe» entdeckt. Nach Ausstellungsende werden Kopf und Körper wieder vereint werden.


    Fundort im Kanton Thurgau

     

  • Elch

    Elch  Alces alce
    Schädeltrophäe, Kanada, British Columbia 
    Knochen, Zähne

    ► Kein Zwei- oder Vierbeiner der Welt trägt so schwer an seinem Kopfschmuck wie der Elch: 20kg und mehr kann ein Elchgeweih wiegen und dabei eine Auslage von bis zu 2 Metern erreichen. Wie beim deutlich kleineren Verwandten, dem Reh, wirft auch der Elch sein aus Knochenmaterial aufgebautes Geweih jährlich ab und bildet es anschliessend wieder neu. Ein Energieaufwand ohnegleichen, den sich nur die stärksten und gesündesten Männchen leisten können – die dank ihrem pompösen Kopfschmuck die Gunst vieler Weibchen erobern. 
    Wie Bodenfunde belegen, waren Elche früher auch im Thurgau heimisch. Nach heutigem Forschungsstand kam die Art in der Schweiz bis ins 10. Jahrhundert vor, zog sich dann aber, vermutlich aufgrund der zunehmenden, durch den Menschen verursachten Entwaldung der Landschaft, nach Nordeuropa zurück. 

    ►Der zu dieser imposanten Trophäe gehörige Elch wurde von Augustin Krämer (1938–2019) in Kanada erlegt. Der erste Jagd- und Fischereiverwalter des Kantons Thurgau war ein leidenschaftlicher Jäger und ging seit seinem zweijährigen Postdoc-Stipendium in Edmonton immer wieder in Kanada auf die Jagd. Das gewaltige Geweih des Tiers wird zur Entscheidung Augustin Krämers beigetragen haben, es als Erinnerungsstück an seine Jagderlebnisse in Kanada aufzubewahren. Das Objekt kam 2015 zusammen mit diversen anderen Trophäen aus seiner Sammlung ins Naturmuseum.


    Thurgauer Finder

  • Hecht

    Hecht  Esox lucius 
    Trophäe, Warth-Weiningen, 1898
    Organisches Material, mumifiziert

    ► Der Hecht ist ein weit verbreiteter Raubfisch. Mit seinem langen Kopf, der schnabelartig ausgezogen Schnauze und dem verlängerten Unterkiefer ist er unverwechselbar. 
    Hechte besitzen zum Festhalten ihrer Beute im Gaumendach Hunderte kleiner, spitzer, nach hinten gekrümmter Zähne. Im Unterkiefer stehen wenige grosse Zähne, mit denen sie ein Beutetier sowohl halten als auch töten können. Im Gegensatz zum Menschen haben Fische wie der Hecht einen lebenslangen Zahnwechsel. Abgenutzte Zähne fallen aus und werden ersetzt. 
    Das Beutespektrum des Hechts reicht von Fischen über Amphibien bis hin zu jungen Wasservögeln und in Wassernähe lebenden Kleinsäugern, z.B. Wasserspitzmäusen. 

    ► 1898 fängt Frank Goldschmid, Wirt im Thurgauerhof in Warth, einen 17 Pfund (8,5 Kilogramm) schweren Hecht aus der Thur bei Warth-Weiningen. Ein solch kapitaler Fang macht wohl jeden Fischer stolz. Der Kopf des Tiers wird als Jagdtrophäe präpariert. Im Wesentlichen scheint er einfach getrocknet, in Form gehalten und auf ein Brett montiert worden zu sein. Besonders lebensecht wirkt er so jedenfalls nicht mehr. 
    Die lebensechte Präparation von Fischen ist aufgrund ihrer dünnen Haut und der Schuppen, eine hohe Kunst, die nur wenige Präparatoren beherrschen. Trotzdem ist es vorstellbar, dass diese Hechttrophäe als Wandschmuck im Thurgauerhof in der Gaststube hing. Ob der Wirt den beliebten Speisefisch selber ass oder ob er ihn seinen Gästen vorsetzte, ist leider nicht überliefert – ebensowenig wann die Trophäe in die Sammlung des Naturmuseums Eingang fand.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Rabenkrähe

    Rabenkrähe Corvus corone corone
    Trophäe    
    Organisches Material, Glasaugen, Watte, Draht, Gips/Ton

    ► Rabenkrähen haben in der Regel einen kräftigen, nach vorne gerichteten, schwarzen Schnabel.  Dieser hier zeigt eine Anomalie: Der Oberschnabel biegt sich mit einem 90-Grad-Winkel über den Unterschnabel. Trotzdem scheint das Tier ein gewisses Alter erreicht zu haben. Raben sind sehr anpassungs- und lernfähig und haben als vielseitige Allesfresser ein breites Nahrungsspektrum. Diese Eigenschaften dürften es auch einem Tier mit einem deformierten Schnabel möglich machen, sich ausreichend zu ernähren. Missbildungen an Vogelschnäbeln entstehen als Folge von Verletzungen oder auf Grund von Nahrungsmangel. 

    ► Diese Trophäe stammt aus der alten Lehrsammlung des Bildungs- und Beratungszentrums (BBZ) Arenenberg. Das Naturmuseum Thurgau übernahm 2018 Teile der Sammlung, da das Gebäude, in welchem sie eingelagert war, wegen Umbauarbeiten geräumt werden musste. Bei dieser Gelegenheit sortierten die Fachlehrer alle Sammlungsobjekte aus, die sie nicht mehr für den Unterricht verwenden. 

    Die Schnabelanomalie mag mit dazu beigetragen haben, den Kopf des Vogels als Trophäe zu präparieren, denn die Faszination für Kurioses und Aussergewöhnliches begleitet Sammlerinnen und Sammler seit jeher. Gleichzeitig trägt sie auch zur Schaulust Dritter bei.


    Thurgauer Finder

  • Syrischer Steinbock

    Syrischer Steinbock  Capra nubiana
    Trophäe
    Organisches Material, Glasaugen, Ton, Holzwolle, Nähgarn

    Hörstation Syrischer Steinbock 5:12

    ► Steinböcke, wie dieser Syrische Steinbock, gehören zu den sogenannten Hornträgern, den Bovidae. Böcke wie Geissen tragen einen säbelförmigen, nach hinten gebogenen, auffälligen Kopfschmuck, das Gehörn. Dieses besteht aus einer Hornscheide aus Keratin, dem Material, aus dem auch unsere Fingernägel gebildet sind. Darunter liegen Knochenzapfen, die dem Schädel aufsitzen. Die Hornscheide wächst ein Leben lang. Das Alter kann daher an den Jahrringen an der Innenseite des Horns ermittelt werden.
    Der Syrische Steinbock ist mit dem in der Schweiz heimischen Alpensteinbock verwandt. Wie genau, ist jedoch unklar. Sein Verbreitungsgebiet liegt in Nordostafrika und im Nahen 
    Osten. 

    ► Diese Trophäe stammt aus dem Nachlass von Alfred Kaiser-Saurer (1862–1930), der 1880 bereits mit 18 Jahren von Arbon in die Welt hinaus reist. Ägypten und die Sinaihalbinsel sind in den folgenden Jahrzehnten seine bevorzugten Aufenthaltsorte. Dort eignet er sich umfassende Kenntnisse über Land und Leute an, lernt arabisch in Wort und Schrift, tritt zum Islam über und bewegt sich als Sammler und Expeditionsleiter in einem grossen Netzwerk von Naturwissenschaftlern, denen er zu Belegen verhilft. Erst 1914 kehrt er wieder nach Arbon zurück. Vor seinem Tod vermacht Alfred Kaiser-Saurer rund 60 Objekte aus seiner grossen Sammlung dem Naturmuseum Thurgau.


    Thurgauer Finder

  • Wildschwein

    Wildschwein  Sus scrofa 
    Trophäe
    Organisches Material, Glasaugen, Kunststoff, Holzwolle, Modellierton

    ► Der Wildschweinkopf läuft nach vorne keilförmig aus. Zuvorderst sitzt die Rüsselscheibe mit empfindlichen Tastzellen. Der starke, schaufelförmige Unterkiefer und eine kräftige Kiefermuskulatur bilden das ideale Werkzeug, um auf Nahrungssuche den Boden umzugraben. Die übergrossen Eckzähne werden bei den Männchen, den Keilern, Hauer genannt. Bei den Weibchen, den Bachen, heissen sie Haken und sind deutlich kleiner. Sie dienen z.B. zum Schälen von Baumrinde, um an dahinter versteckte Insektenlarven zu kommen. Sie werden aber auch als Waffen zur Verteidigung oder bei den Territorialkämpfen der Keiler eingesetzt. 

    ► Diese Wildschweintrophäe kam aus einer 2013 erfolgten Haushaltauflösung im Hinterthurgau ins Naturmuseum. Wir wissen nichts über die Person, die das Tier erlegt hat und seinen Kopf präparieren und als Wandschmuck fortleben liess. Die Bedeutung des Objektes hat sich aber verändert: was ursprünglich wohl als wertvolles Prestigeobjekt seinem früheren Besitzer sehr wichtig war, hat für die Hinterbliebenen keinen Wert mehr und landet plötzlich im Container – oder, wie in diesem seltenen Fall, als Anschauungsobjekt im Museum.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Kolkrabe

    Kolkrabe  Corvus corax
    Schädeltrophäe, Surses (GR), 1962
    Knochen, Hornscheide, auf Holzplatte montiert

    ► Am Kopf des Kolkraben sticht einem der mächtige Schnabel sofort ins Auge. Diesen benötigt der Vogel nicht nur zur Jagd von Beute oder um aus toten Tieren mundgerechte Stücke zu reissen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Raben in der Lage sind, mit ihrem Schnabel Werkzeuge zu benutzen und auch selbst herzustellen, um an Nahrung zu kommen. Dabei sollen sich sogar Links- und Rechtsschnäbler unterscheiden lassen, je nach Art wie sie die Werkzeuge mit ihrem Schnabel benutzen.

    ► Die Schädeltrophäe stammt aus der Sammlung von Augustin Krämer (1938–2019), der von 1973 bis 2003 als erster Jagd- und Fischereiverwalter des Kantons Thurgau amtete. Der Kolkrabe kam am 22. September 1962 in Furnatsch auf dem Gemeindegebiet von Surses zu Tode. Warum eine Trophäe daraus wurde ist unklar. Allenfalls könnte dies ein Erinnerungsstück eines frühen Jagderfolgs des damals 24-jährigen Wildbiologie-Studenten sein – immerhin ist der Kolkrabe etwa so gross wie ein Bussard. Es ist die einzige Trophäe eines Vogels die 2015 zusammen mit diversen Säugetiertrophäen aus Augustin Krämers Sammlung ins Naturmuseum kam. 


    Thurgauer Finder

  • Alpsteinbock

    Alpensteinbock  Capra ibex
    Schädeltrophäe, Alp Muragl (GR), 1988
    Knochen, Zähne, Gehörn

    Hörstation Alpsteinbock 3:28

    ► Mit seinem imposanten Kopfschmuck und aufgrund seines buchstäblichen ‹Lebens am Abgrund› zählt der Alpensteinbock zu den eindrücklichsten Bewohnern der Alpen. Kein Wunder, bedient sich der Kanton Graubünden seines Wappentiers auch in der Tourismuswerbung: Die TV-Spots von Graubünden Tourismus mit den sprechenden Alpensteinböcken Gian und Giachen sind Kult und mehrfach ausgezeichnet worden. 
    Die beiden Lästermäuler lassen leicht vergessen, dass es vor 100 Jahren im ganzen Alpenraum nur noch wenige Alpensteinböcke gab. Erst 1911 konnten in der Schweiz wieder Steinböcke aus der Zucht von illegal beschafften Tieren ausgesetzt werden und sich ausbreiten. Heute ist ihr Bestand in der Schweiz wieder so hoch, dass er jagdlich bewirtschaftet werden kann. 

    ► Die Steinbockjagd ist im Kanton Graubünden streng geregelt und nur erfahrenen Jägerinnen und Jägern vorbehalten. Dieser Alpensteinbock wurde am 3. Oktober 1988 um 13:30 Uhr auf dem Gebiet der Alp Muragl (GR) von einer Thurgauer Jägerin mit Wohnsitz in Frauenfeld erlegt. Die Bündner Jagdbehörde teilte ihr ein Gebiet zu, in dem sie in einer bestimmten Zeitspanne zuerst eine Geiss und dann einen Bock einer vorgegebenen Altersklasse erlegen durfte. 
    Die Trophäe ist ein Erinnerungsstück an die erfolgreiche Jagd. Sie kam im März 2020 zusammen mit der Trophäe der Steingeiss als Schenkung ins Naturmuseum. Die Donatorin zählte zur Zeit ihres Jagderfolges zu den wenigen Frauen mit einem Jagdpatent in der Schweiz und ist vermutlich die erste Thurgauerin, die einen Steinbock erlegen konnte.


    Thurgauer Finderin

  • Rentier

    Rentier  Rangifer tarandus
    Trophäe
    Holz, Glasaugen, Gips

    ► Die asymmetrischen Geweihsprossen wie auch die Schaufeln der Geweihstangen sind charakteristisch für das Geweih eines Rentiers. Rentiere sind die einzige Hirschart, bei der auch die Weibchen ein Geweih tragen. Die Geweihe der Weibchen sind dabei geringer entwickelt als jene der Männchen. Weibchen verteidigen damit während der Tragzeit im Winter die kargen Futterstellen gegenüber Artgenossinnen. Männliche Rentiere werfen ihr Geweih schon im Herbst oder frühen Winter ab, weibliche dagegen erst im Frühling, in manchen Subpopulationen sogar erst im Sommer. Die Rentiere des amerikanischen Weihnachtsmannes, die nie ohne Geweih dargestellt werden, sind demnach Weibchen. 

    ► Im Jahr 2009 plante das Naturmuseum zum 150-jährigen Bestehen seiner Sammlung eine Ausstellung, die die Sammlung selbst in den Mittelpunkt stellen und die Vielfalt ihres Inhalts zeigen sollte. Dabei kamen viele Objekte zum Vorschein, die lange Zeit in den Depots verborgen geblieben waren, unter anderem auch diese Trophäe eines geschnitzten Tierkopfs mit echtem Geweih. Bis zur Sammlungsausstellung von 2009 war sie als ‹Rothirsch› in der Datenbank eingetragen. Zwar ist der geschnitzte Kopf dem eines Hirsches ähnlich. Bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch feststellen, dass das Geweih nicht von einem Hirsch stammen kann. In der Ausstellung fand die Trophäe wieder zurück zu ihrer Ursprungsfunktion als Wandschmuck – umso mehr als die damalige Museumsgestalterin sie mit verschiedenen Fundstücken aus der Natur verzierte. 


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Tintenfisch

    Tintenfisch  Trachyteuthis hastiformis
    Kopffüsser, Deutschland, Neuburg an der Donau, 1970
    Prägedruck auf Karton, Holzfaserplatte

    ► Die Platte zeigt einen fossilen Tintenfisch mit seinen Fangarmen. In der Regel ist von diesen Weichtieren nur der Schulp erhalten – das, was hier in dunklerer Färbung, leicht oval in der Mitte des Tiers erscheint. 
    Der Schulp ist als ‹Rückenknochen› ein innerer Auftriebskörper der Tintenfische. Entwicklungsgeschichtlich ist er auf das einstige Aussenskelett beschalter Kopffüsser, wie z.B. dem in der Ausstellung darunter liegenden Ammoniten, zurückzuführen. Das Gehäuse ist im Laufe der Evolution erst in den Körper eingelagert und dann mit der Zeit mehr und mehr reduziert worden. Schulpe verendeter Tintenfische finden sich oft als Strandgut an Meeresküsten.

    ► Was wie ein fossilisierter Tintenfisch aussieht, ist tatsächlich nur ein Prägedruck aus Karton. Der Inhaber eines Stahlstichprägewerks in Neuburg (D) hatte dieses Verfahren in den 1960er Jahren entwickelt – aufgrund seiner privaten Leidenschaft für Fossilien. Da man Fossilplatten bisher nur in zerbrechlich Gipsabdrücken vervielfältigen konnte, hatte er damit grossen Erfolg: die Abdrücke sind in Prägung und Färbung ungemein naturgetreu und doch sehr leicht und bruchsicher. Dies entging August Schläfli (*1934) nicht: der junge Konservator des Naturmuseums plante seine neue Dauerausstellung und informierte sich über modernste Anschauungsmittel. 1970 kaufte er dafür eine Reihe solcher Prägedrucke urzeitlicher Lebewesen, die originale Fundstücke abbilden. 


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Belemniten

    Belemniten  Belemnites sp.
    Kopffüsser, Randen (SH)
    Aragonit

    ► Von Belemniten blieben häufig nur stiftähnliche Teile erhalten. Anders als bei den Ammoniten handelt es sich bei diesen fossilen Überresten jedoch nicht um das Gehäuse des Tiers, sondern um das Innenskelett. Dieses war von einem weichen Körper umgeben. Die Tiere sahen vermutlich ähnlich aus wie die heutigen Kalmare, hatten einen länglichen Körper und mehrere Fangarme. 
    Belemniten waren in den Meeren der Welt weit verbreitet. Während der Jura- und der Kreidezeit, vor 200 bis 65 Millionen Jahren, entwickelten sie zahlreiche Arten, die heute wegen ihres klar eingrenzbaren zeitlichen Auftretens als Leitfossilien zur Altersbestimmung von Gesteinsschichten dienen. Der Name Belemnit stammt übrigens vom griechischen Wort belemnon ab, was ‹Geschoss› bedeutet – eine nicht unpassende Bezeichnung mit Blick auf die Form. 

    ► Im Eingangsbuch des Naturmuseums, in welchem die Eingänge in die Sammlung verzeichnet werden, findet sich 1924 in der Handschrift von Heinrich Wegelin (1853–1940), dem damaligen Museumsleiter, der Eintrag für eine ‹Sehr schöne Belemnitenplatte›. Ein ‹W. Holenstein, Werkmeister›, schenkte sie dem Museum am 24. April zusammen mit sieben anderen geologischen Sammelstücken. Mehr ist dazu leider nicht überliefert. Da das Objekt aber ein eindrückliches Bild einer Anhäufung von Belemniten abgibt, ist davon auszugehen, dass sie Heinrich Wegelin höchst willkommen war und er sie in der damals neu eröffneten Ausstellung zeigte.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Krake

    Krake  Octopoda sp. 
    Kopffüsser, frühes 20. Jahrhundert
    Organisches Material, Alkohol, Glas, Vaseline

    ► Kraken besitzen acht Fangarme in vier Paaren. Sie zeichnen sich durch ihr leistungsfähiges Gehirn aus. Beispielsweise bewältigen sie in Versuchslaboren Irrgartenprobleme effizienter als viele Säugetiere. Im zoologischen Standardwerk Grzimeks Tierleben heisst es: ‹Ein anderer Krake brachte es sogar fertig, eine Glasflasche zu entkorken, um ein Beutetier herauszuholen›. Allerdings können Kraken einmal erlernte Fähigkeiten nicht von Generation zu Generation weitergegeben. Wirbellose Tiere, zu denen Kraken zählen, bauen keine Eltern-Kind-Beziehungen wie Vögel oder Säugetiere auf. Ihre Brutpflege ist deutlich weniger stark entwickelt als bei Vögeln und Säugetieren.

    ► Leider gibt es keinen Hinweis, wie dieses Nasspräparat von einem Kraken in die Sammlung gelangt ist. Bei den verschiedenen Tieren am Boden des Glases handelt es sich vermutlich um eine repräsentative Auswahl an potentiellen Beutetieren der Art. 
    Die meisten der rund 600 Gläser umfassenden Nasssammlung des Naturmuseums Thurgau sind rund 100 Jahre alt und kaum dokumentiert. Die Sammlung hat in erster Linie historischen Wert. Das heisst, für das Naturmuseum stehen heute Krake und Krebse samt Glas im Zentrum des Interesses, weil sie als Ganzes einen Eindruck davon vermitteln, wie wissenschaftliche Praxis früher aussah. 


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Gemeines Perlboot

    Gemeines Perlboot  Nautilus pompilius 
    Kopffüsser, Schale, 1880er Jahre
    Conchiolin, Aragonit, Perlmutt

    Hörstation Perlboot 4:13

    ► Der Nautilus ist ein Tintenfisch. Er wird wegen seines schimmernden Gehäuses und seines schwebenden Dahintreibens im Wasser auch als Perlboot bezeichnet. Je nach Fachbuch werden drei bis sieben verschiedene Arten unterschieden. 
    Nautilusse sind die einzigen heute noch lebenden Tintenfische mit einem Gehäuse und geben einen Eindruck davon, wie Ammoniten, ihre ausgestorbenen Verwandten, ausgesehen und sich fortbewegt haben könnten. Perlboote werden häufig als lebende Fossilien bezeichnet. Ein irreführender Begriff, da natürlich auch die heutigen Perlboote eine Reihe von Veränderungen in ihrer eigenen Evolution durchgemacht haben – die bereits vor 38 Millionen Jahren begann.

    ► Die Schale dieses Nautilus kam 1914 zusammen mit knapp 1 000 anderen exotischen Molluskenschalen in die Sammlung des Naturmuseums Thurgau. Der 1851 in Bischofszell geborene Carl Albert Rauch vermachte sie noch vor seinem Tod 1918 dem Naturmuseum. 
    Rauch war mit 19 Jahren nach Brasilien gezogen, später nach Syrien und dann für mehr als 20 Jahre nach Singapur, wo er in leitender Stellung einer Import-/Exportfirma arbeitete. In seiner Freizeit betätigte er sich als Sammler von Muscheln, die er mit Hilfe von Fachleuten sorgfältig bestimmte. Seine Sammlung publizierte er 1885 in Singapur unter dem Titel ‹C. A. Rauch‘s Collection of Land and Marine Shells›. Seinen Lebensabend verbrachte er ab 1902 in Bischofszell und Luzern.


    Thurgauer Finder 

  • Ammonit

    Ammonit  Ammonites (Desmoceras) mayori
    Kopffüsser, Kreuzlingen, 1943
    Aragonit

    ► Das kalkige Gehäuse der Ammoniten bestand aus einer Folge spiralig aufgerollter Kammern. Im vorderen Teil befand sich der Weichkörper. Über das Aussehen des Weichkörpers ist wenig bekannt, da sie kaum fossil überliefert sind. So ist z.B. die Anzahl der Ammonitenarme – je nach Autor 6, 8 oder 10 – wie auch deren Funktion bis heute unklar. Die hinteren Gehäusekammern waren mit Gas gefüllt, so dass das Tier im Meerwasser Auftrieb bekam, um im Wasser zu schweben. Ammoniten bevölkerten die Meere während rund 400 Millionen Jahren. Erst vor 65 Millionen Jahren – etwa zur selben Zeit wie die Dinosaurier – starben sie aus. 
    Fossilienfunde von dieser Qualität sind im Thur-gau selten. Die zahlreichen Gletschervorstösse in der Vergangenheit haben fossiltragende Gesteinsschichten zerstört oder mit Moränenschutt zugedeckt.

    ► Im November 1943 half der 18-jährige Gymnasiast Paul Signer (1925–2006) seinem Vater, dem Gutsverwalter des Landguts Brunegg bei Kreuzlingen, bei Meliorationsarbeiten. Dabei öffneten sie einen Sandsteinblock vom Ausmass einiger Kubikmeter und dem jungen Mann rollte ein ‹steinernes Wagenrad› vor die Füsse: Mit 45 Zentimetern Durchmesser und 24 Kilogramm der bis heute grösste im Thurgau gefundene Ammonit! 
    Viele Jahrzehnte blieb das imposante Stück in Familienbesitz. Nach dem Tod des Finders vermachte es sein in Bern wohnhafter Sohn 2007 dem Naturmuseum Thurgau.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Totenkopfschwärmer

    Totenkopfschwärmer  Acherontia atropos
    Insektenbeleg, Kreuzlingen, 1904
    Organisches Material, getrocknet

    Hörstation Totenkopfschwärmer 4:34

    ► Der Totenkopf, oder Totenkopfschwärmer wie seine vollständiger Name heute lautet, ist ein Schmetterling, genauer gesagt ein Nachtfalter. Die Musterung auf seinem Rücken gleicht einem menschlichen Schädel, daher sein Name. 
    Das Hauptverbreitungsgebiet des Totenkopfschwärmers sind die Tropen Afrikas. Er kommt jedoch auch in Nordafrika, im Nahen Osten und im Mittelmeerraum vor, von wo aus er als Wanderfalter nach Mittel- und Nordeuropa fliegt. Den Weg bis in den Thurgau findet der Falter nur in besonders warmen Sommern. So geschehen im August 2019, als dem Naturmuseum innerhalb einer Woche gleich zwei Fotos von Raupen zugeschickt wurden. Gut möglich, dass die Art als Folge der Klimaerwärmung in den nächsten Jahren häufiger wird. 

    ► Die Insektendatenbank weist 35 solcher Schmetterlinge mit Namen ‹Totenkopf› aus. Deshalb ist in der Ausstellung auch ein solcher zu sehen, obwohl das Tier heute als Totenkopfschwärmer bezeichnet wird. Dieser Nachtfalter ist Teil der knapp 3 500 Tiere umfassenden Schmetterlingssammlung des Schriftstellers Emanuel von Bodman (1874–1946). Die Schmetterlingsart muss für ihn eine besondere Bedeutung gehabt haben: bereits mit sechs Jahren betätigte er sich als Schmetterlingssammer und das erste Tier, welches ihm dabei ins Netz ging, soll gemäss der Überlieferung durch seine Ehefrau Clara Herzog (1890–1982), ein Totenkopfschwärmer gewesen sein. Dabei handelt es sich jedoch nicht um das ausgestellte Tier. Diesen Nachtfalter hat er im September 1904 in Kreuzlingen gefangen.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Gemeiner Natterkopf

    Gemeiner Natterkopf  Echium vulgare
    Herbarbeleg, Uesslingen, Thurvorland, 1940
    Organisches Material, getrocknet, Papier, Klebstoff, Tinte

    ► Der Gemeine Natterkopf ist aufgrund des hohen Zuckergehaltes seines Nektars eine gern besuchte Bienen- und Schmetterlingsweide. Der Hauptbesuch der Insekten erfolgt gegen 15 Uhr. Die Blüten vollziehen mit der Zeit einen Farbwechsel von rot nach blau. Bienen lernen, dass nur die rosa Blüten reich an Nektar sind. 
    Für die Herkunft des Namens Natterkopf gibt es zwei unterschiedliche Erklärungen: einerseits sollen Pflanzen aus der Gattung Echium gegen den Biss von Ottern und Vipern helfen – so heisst es zumindest beim römischen Gelehrten Plinius dem Älteren in seiner Historia Naturalis (um 77. n. Chr.). Andererseits könnte die Benennung vom Vergleich der zweilippigen Blütenkrone mit einem Schlangenkopf und der gespaltenen Narbe mit einer Schlangenzunge ausgehen.

    ► Dieser Gemeine Natterkopf wurde von Margot Wehrli (1901–1984), Assistentin am Naturmuseum, am 24. Juli 1940 auf dem Thurvorland bei Uesslingen gepflückt, anschliessend gepresst und ins Herbarium des Naturmuseums Thurgau integriert. Damit wurde er Teil der 1944 erschienenen, vom langjährigen Museumsdirektor Heinrich Wegelin (1853–1940) begonnenen und von seiner Nachfolgerin Olga Mötteli (1886–1944) vollendeten Thurgauer Flora. Das Werk gibt zum ersten Mal eine umfassende Übersicht über die Thurgauer Pflanzenwelt und gilt bis heute als botanischer Referenzpunkt für nachfolgende botanische Studien im Thurgau.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Rauchblättriger Schwefelkopf

    Rauchblättriger Schwefelkopf  Hypholoma capnoides
    Pilz
    Organisches Material, gefriergetrocknet

    ► Genau genommen haben Pilze Hüte, jedoch keine Köpfe: Der oberste Teil eines Pilzes wird als Hut bezeichnet. Auf den Hut folgt direkt der Stiel. 
    Was am Hut des Rauchblättrigen Schwefelkopfs an einen Kopf erinnern soll, bleibt für immer das Geheimnis seines Namensgebers. Einzig die Form des frisch aus der Erde wachsenden Pilzes erinnert an einen Kopf. Das Besondere an diesem Pilz ist, dass er ausschliesslich an Baumstrünken, Wurzeln und vergrabenem Holz von Nadelbäumen wächst. Sein nussig milder Geschmack wird von Kennern sehr geschätzt. Er sollte aber auch nur von diesen gesammelt werden, denn der Rauchblättrige Schwefelkopf ist leicht mit giftigen Pilzen, wie zum Beispiel 
    dem Gifthäubling zu verwechseln.

    ► Ende der 1960er Jahre begann der damalige Museumsdirektor August Schläfli (*1934) mit der Konservierungsmethode der Gefriertrocknung zu experimentieren. Er tat dies im Hinblick auf die vorgesehene Neueröffnung des Naturmuseums: in der neuen Ausstellung sollten dem Publikum auch Pilze gezeigt werden. Für die stark wasserhaltigen Pilze stellte sich die Technik der Gefriertrocknung als geeignete Methode heraus. August Schläfli konservierte so über 350 Pilze. Auch dieser Rauchblättrige Schwefelkopf ist eines dieser gefriergetrockneten Pilzpräparate. Die meisten sind nicht dokumentiert, da sie in erster Linie als Anschauungsmaterial gedacht waren.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Blaukopf

    Blaukopf  Diloba caeruleocephala
    Insektenbeleg, Müllheim, 1978
    Organisches Material, getrocknet

    ► Äusserlich hat der Blaukopf weder etwas mit der Farbe Blau, noch mit einem Kopf zu tun. Der Falter ist in eher unscheinbaren Braun- und Grautönen gefärbt. Anders jedoch die Raupe: sie ist mit ihren gelblichen Bändern und schwarzen Punkten deutlich auffälliger. Die hellblaue Färbung ihres Körpers hat der Art ihren wissenschaftlichen wie ihren deutschen Namen eingebracht. 
    Der Blaukopf ist ein ökologischer Charakterkopf: Im Offenland ist der Nachtfalter an Hecken, auf Streuobstwiesen und in Obstgärten anzutreffen. Da solche Lebensräume in der heutigen Kulturlandschaft selten geworden sind, gilt der Falter in ökologischen Studien oft als Leitart: die Häufigkeit seines Vorkommens gibt einen Hinweis auf die ökologische Qualität von Kulturlandflächen. 

    ► Dieser Blaukopf wurde im Oktober 1978 in Müllheim von Richard Löhle (1913–1986) gefangen und in die Schmetterlingssammlung des Naturmuseums eingefügt. Der Müllheimer war zunächst als Lehrer und Journalist tätig, bevor er 1963 im Naturmuseum sein Hobby zum Beruf machte: 20 Jahre lang betreute er dort die Insektensammlungen und legte in dieser Zeit eine in Fachkreisen vielbeachtete Bestandsaufnahme der Grossschmetterlinge im Thurgau vor. Er selbst bereicherte die Sammlungen um rund 2300 Belege. 
    Spezialisten, die sich wie Richard Löhle ihre hohen Fachkenntnisse autodidaktisch aneignen, sind bis heute für die Sammlungsarbeit in Naturmuseen von grosser Bedeutung. Dies umso mehr, als den Studierenden an den Hochschulen heutzutage kaum mehr Artenkenntnisse vermittelt werden.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Hausrind

    Hausrind  Bos taurus taurus
    Porträt, Schweiz, 1. Hälfte 20. Jahrhundert
    Fotoabzug, Papier, Bilderrahmen

    ► Was beim Menschen der Fingerabdruck ist beim Hausrind das Flotzmaul. Als Flotzmaul wird bei Rindern die miteinander verschmolzene Oberlippe und Nase bezeichnet, die feuchtglänzende Hautpartie zwischen Maul und Nüstern. Bei genauem Hinsehen kann ihre reliefartige Oberfläche, gebildet aus Hunderten feiner Furchen, erkannt werden – wie bei den menschlichen Fingerkuppen auch. Genauso zeigt das Flotzmaul jedes Tiers ein eigenes Muster, weshalb es, wie der Fingerabdruck des Menschen, ein individuelles Erkennungsmerkmal ist.
    Wird das Flotzmaul fotografiert und zusammen mit Daten über Geburtsort und -datum, Züchter oder Halter gespeichert, ist es möglich, die Herkunft eines jeden Hausrindes nachzuverfolgen.

    ► Das Porträt dieses wahrscheinlich preisgekrönten Braunvieh-Zuchtstiers kam 2018 zusammen mit Teilen der Alten Lehrsammlung des Berufs- und Bildungszentrums BBZ Arenenberg ins Naturmuseum. Das BBZ war 1906 ins Leben gerufen worden, mit dem Auftrag, eine landwirtschaftliche Schule zu gründen. Die Fachlehrer bauten in den folgenden Jahren eine Lehrsammlung zu Nutztierhaltung und Pflanzenbau auf. Das Stierportät könnte zur Vermittlung von Kuhrassenstandards gedient haben, denn in der Ostschweiz hat die Haltung von Braunvieh seit Jahrhunderten Tradition. 
    2018 musste das Gebäude wegen Umbauarbeiten geräumt werden. Das Naturmuseum übernahm die Objekte, die zur Hauptsache von historischem Wert sind und zeigen, wie landwirtschaftliches Wissen in der ersten Hälfte des 
    20. Jahrhunderts vermittelt wurde. 


    Thurgauer Finder

  • Mensch (Olga Mötteli)

    Mensch  Homo sapiens
    Porträt von Olga Mötteli, gezeichnet von Friederike Klein, 1923    
    Bleistift, Kohle, Wachsstift auf Papier

    Hörstation Olga Mötteli 3:54

    ► Die Frauenfelderin Olga Mötteli war die erste Frau, die in der Schweiz ein Naturmuseum leitete, das Naturmuseum Thurgau. Dies ist erstaunlich, konnte sie doch keinen akademischen Hintergrund vorweisen. Der Besuch der Kantonsschule war Frauen damals noch verwehrt. Früh elternlos und zeitlebens alleinstehend lebte sie ihre Leidenschaft für die Naturforschung als Autodidaktin. Ab 1936 begann sie, die Nachfolge des langjährigen Leiters Heinrich Wegelin anzutreten. Sie leistete wichtige Beiträge zur Moos- und Schneckensammlung des Museums und vollendete 1944 die von ihrem Mentor Heinrich Wegelin begonnene Flora Thurgau, die zum ersten Mal eine umfassende Übersicht über die Thurgauer Pflanzenwelt gab und bis heute als Standardwerk für die botanische Forschung im Thurgau gilt. 

    ► Das Porträt zeigt Olga Mötteli (1886–1944) im Alter von 37 Jahren, gezeichnet von ihrer Freundin Friederike Klein. Sie hat Olga Mötteli 1912 an einem Kurs im deutschen Institut Reifenstein kennengelernt. Die beiden Frauen verband eine lebenslange Freundschaft.
    Wann und wie das Bild in die Sammlung kam, ist nicht bekannt. Schon früh sorgten die Museumsverantwortlichen im Naturmuseum jedoch dafür, dass nicht nur Belege aus der Natur, sondern auch die Geschichte der Institution dokumentiert wird. Deshalb ist das Porträt von Olga Mötteli für die Sammlung von grosser Relevanz.


    Thurgauer Finderin

  • Vögel

    Vögel Aves
    Schaukasten mit Vogelschnabeltypen, Basel, 1960er Jahre
    Organisches Material, Glas, Klebstoff, Kunstleder

    ► In seinem Grundaufbau ist der Schnabel bei allen Vogelarten gleich. Ihr Oberschnabel ist am Hirnschädel befestigt. Der Unterschnabel ist über ein Gelenk mit dem Schädel verbunden und dadurch frei beweglich. Die Skelettteile des Schnabels sind von einer Scheide aus Keratin, auch  Schnabelhorn genannt, umhüllt. Dieses Material bietet neben dem geringen Gewicht einen unschlagbaren Vorteil: es kann ganz unterschiedliche Formen annehmen. Dies machte es den einzelnen Vogelgruppen möglich, im Laufe ihrer Evolution an die jeweilige Ernährungsweise angepasste Schnabelformen zu entwickeln. Zusammen mit ihrer hohen Mobilität schuf dies die Voraussetzung, das Vögel die vielfältigsten Lebensräume auf unserer Erde besetzen konnten. 

    ► Im Juli 1965 kaufte der damalige Museumsleiter August Schläfli (*1934) bei der Lehrmittel AG Basel mehrere Objekte: verschiedene Skelettpräparate, einen Rehschädel und unter anderem diesen Schaukasten, mit präparierten Vogelkopfhälften, welche in einem Schaukasten montiert verschiedene Schnabeltypen bei Vögeln veranschaulichen. 
    1963 hatte August Schläfli mit seiner Anstellung als Biologielehrer an der Kantonsschule Frauenfeld vom Kanton den Auftrag erhalten, sich um das Naturmuseum und seine Sammlungen zu kümmern. Sein wichtigster Auftrag aber war die Konzeption einer neuen Ausstellung. Mit seinem Hintergrund als Mittelschullehrer war es ihm ein Anliegen, eine didaktisch gute Ausstellung für alle Stufen zu kreieren und dafür zeitgemässes Anschauungsmaterial einzusetzen.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Schlange

    Schlange  Squamata
    Porträts verschiedener Schlangenköpfe, Schaffhausen (SH), 1833
    Lithografie

    ► Bei vielen Tieren sind Farbe und Zeichnung der Haut, des Gefieders oder des Fells geeignete Merkmale zur Artbestimmung. Nicht so bei Schlangen. Wichtige Bestimmungsmerkmale stellen bei ihnen Anzahl und Form ihrer Schuppen, Schilder und Platten dar, insbesondere derjenigen am Kopf. Je nach Art haben Schlangen verschieden viele und geformte Augen- und Oberlippenschilder, teilweise zeigen diese auch auffällig ausgebildete Wülste und Höcker.
    In der Schweiz leben übrigens sieben verschiedene ungiftige Natternarten und zwei Arten von Giftschlangen, die Kreuzotter und die Aspisviper. Beide kommen im Thurgau nicht vor. 

    ► Die ‹Schlangenporträts› verschiedener Schlangengattungen finden sich auf Tafel 43 im Buch ‹Naturgeschichte und Abbildungen der Reptilien› von Heinrich Rudolf Schinz (1777–1861). Illustriert sind sie vom Schaffhauser Lithograf und Verleger Joseph Brodtmann (1787–1862). Im Untertitel des Buches heisst es ‹Nach den neuesten Systemen zum gemeinnützigen Gebrauche entworfen und mit Berücksichtigung für den Unterricht der Jugend bear-
    beitet›. 
    Das Buch ist eines von rund 230 naturwissenschaftlichen Werken aus dem 19. Jahrhundert, die sich in der Bibliothek des Naturmuseums befinden. Von Beginn weg gehörten solche Bücher zur Sammlung des Naturmuseums. Abbildungen mit genausten Wiedergaben von Pflanzen und Tieren waren für die Systematisierung der Natur grundlegend.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Mensch (Schädelabguss)

    Mensch  Homo sapiens
    Schädelabguss, Deutschland, 2000er Jahre
    Kunststoff

    ►  Beim Menschen, aber auch bei vielen Tieren, bezeichnet der Kopf den oft rundlichen durch den Hals mit dem Rumpf verbundenen Körperteil, zu dem Gehirn, Augen, Nase, Mund und Ohren gehören. Als Schädel wird das knöcherne Innere des Kopfes bezeichnet. Der Schädel eines modernen Menschen besteht – je nach Alter sowie Zählmethode – aus 22 bis 30 verschiedenen Knochen. Grob unterscheidet man Gehirn- und Gesichtsschädel. 
    Es wird angenommen, dass sich der moderne Homo sapiens vor rund 200000 Jahren in Afrika entwickelt hat. Im Vergleich zu seinen Vorfahren ist der menschliche Schädel heute deutlich feiner gebaut: es fehlen Ansatzstellen für grosse Muskeln, der Gesichtsschädel ist kleiner und die Kieferpartie zurückgebildet. Auch die knöchernen Wülste über den Augen sind weniger ausgeprägt. Das Volumen des Gehirnschädels ist dafür gross – um dem grossen Gehirn Platz zu bieten.

    ► Dieser Schädelabguss aus Kunststoff wurde 2013 für die von den Naturmuseen Thurgau und Olten gemeinsam produzierte Sonderausstellung ‹Das Reh – mit Anpassung zum Erfolg› angeschafft. Er war dort in einer Reihe mit den Schädeln von Reh, Luchs und Wildschwein montiert, um den Zusammenhang zwischen Gebiss und Ernährungsgewohnheiten bei Säugetieren zu veranschaulichen. 
    Die in der Ausstellung präsentierten Tierschädel waren echt, wohingegen der menschliche Schädel aus ethischen Gründen ein Abguss ist. Seit den 1960er Jahren ist die Sensibilisierung im Umgang mit menschlichen Überresten erheblich gewachsen. Als Ersatz kommen wissenschaftliche Modelle zum Einsatz. Das Abgussverfahren dieser Modelle paust die Form vom Original ab und macht daraus eine Gussform, die mit Kunststoff ausgegossen wird. So bleiben auch kleinste Strukturen erhalten.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

     

  • Gemeine Stechmücke

    Gemeine Stechmücke  Culex pipiens
    Kopfmodell, Massstab 80:1, Deutschland, 1960er Jahre
    Kunststoff, Acrylfarbe

    ► Wie die Nadel einer Spritze durchdringt der Stechrüssel der Stechmücke unsere Haut und saugt Blut. Am Modell sind die verschiedenen Teile des Stechrüssels zur Übersicht eingefärbt und aufgefächert. Beim lebenden Tier werden sie in einem Bündel zusammengehalten. Der Stich erfolgt durch die Stechborsten, wobei die Stechborstenscheide knieförmig nach hinten gestaucht wird. Im Innern der Stechborstenscheide finden sich zwei Kanäle: Durch den einen wird Speichel injiziert, der die Blutgerinnung verhindert und betäubend wirkt, damit der Stich nicht bemerkt wird. Durch den anderen Kanal wird das Blut aufgesogen. 
    Übrigens: Nur Weibchen saugen Blut. Dies nach der Begattung, weil sie das im Blut enthaltene Eiweiss zur Eiproduktion benötigen. Ansonsten saugen sie, wie die Männchen, Nektar und Pflanzensäfte. 

    ► Ab 1966 entwickelt die Firma Somso in Thüringen Modelle von Insekten und Insektenköpfen. Sie tut dies zusammen mit dem Fachmann Eberhard Schicha, der sich mit der Morphologie, das heisst der Lehre von der Form und Organisation der Lebewesen befasst. Für die Entwicklung wissenschaftlicher Modelle ist Expertenwissen grundlegend. 
    August Schläfli (*1934), Leiter des Naturmuseums von 1962 bis 1998, kaufte für seine neue Dauerausstellung verschiedene dieser neu entwickelten Modelle. Das zeigt sein Bestreben, das Museum, das in den 1950er Jahren in einen Dornröschenschlaf versunken war, mit modernsten Mitteln und Materialien in einen zeitgemässen Wissensort zu verwandeln.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

     

  • Westliche Honigbiene

    Westliche Honigbiene  Apis mellifera
    Kopfmodell, Massstab 50:1, Deutschland, 1960er Jahre
    Kunststoff, Acrylfarbe

    ► Saugrüssel und  Kiefer (im Modell blau und rot gefärbt) sind die kennzeichnenden Mundwerkzeuge am Kopf einer Biene. Mit dem Rüssel nimmt die Biene Nektar, Honigtau und Wasser auf. Ober- und Unterkiefer haben viele Aufgaben: Sie zerkauen Pollennahrung, kneten Wachs, um damit neue Waben zu bauen und dienen zur Körperpflege oder zur Reinigung der Brutzellen. 
    Eindrücklich am Bienenkopf, wie bei den Köpfen vieler anderer Insekten, sind auch die Augen. Diese sogenannten Komplex- oder Facettenaugen bestehen aus unzähligen Einzelaugen. Jedes erfasst einen kleinen Ausschnitt der Umwelt, das Gesamtbild wird im Cerebralganglion, dem ‹Gehirn›, zusammengesetzt. Insekten sehen weniger scharf als der Mensch, nehmen dafür aber Bewegungen besser wahr.  

    ► Sowohl der Kopf der Honigbiene als auch jener der Stechmücke waren von 1972 bis 1995 im Raum über die Gliederfüssler – zu ihnen gehören Insekten, Tausendfüsser, Krebstiere oder Spinnentiere – des Naturmuseums ausgestellt. Im Museum sind die Mundwerkzeuge der Honigbiene am Modell zusätzlich eingefärbt worden, wohl um das Augenmerk der Besuchenden speziell darauf zu lenken. An den übergrossen Insektenkopfmodellen wurden nämlich verschiedene Typen von Mundwerkzeugen bei Insekten veranschaulicht.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Stubenfliege

    Stubenfliege  Musca domestica
    Kopfmodell, Massstab 50:1, Deutschland, 1960er Jahre
    Kunststoff

    ► Das übergrosse Modell eines Stubenfliegenkopfes erinnert an die Fantasiegestalten aus einem Science-Fiction Film. Es bildet aber tatsächlich die biologische Wirklichkeit ab, wenn auch stark vergrössert. 
    Was am Fliegenkopf besonders auffällt ist der breite, wulstartige Saugrüssel. Stubenfliegen ernähren sich von Flüssigkeit, die mit dem Saugrüssel aufgenommen wird. Landet die Stubenfliege auf fester Nahrung, drückt sie mit den beiden ‹Tupfkissen› am Rüsselende Verdauungsflüssigkeit und Speichel auf die Nahrung, welche diese auflösen. Den entstehenden Brei saugt das Tier dann auf. 

    ► August Schläfli (*1934), Leiter des Naturmuseums von 1962 bis 1998, kaufte diesen 50-fach vergrösserten Kopf einer Stubenfliege für seine neue Dauerausstellung. Er stammt von der thüringischen Firma Somso, welche wissenschaftliche Modelle, überwiegend in Handarbeit, in den Bereichen Anatomie, Zoologie und Botanik herstellt. 
    Das Kopfmodell der Stubenfliege erfüllt in klassischer Weise die Funktion eines Modells: es veranschaulicht Dinge, deren Beobachtung am Original kaum oder nur mit Hilfe eines Mikroskops möglich ist. Deshalb ist das Modell für Ausstellungszwecke bestens geeignet. Auch heute noch dient der übergrosse Stubenfliegenkopf dem Naturmuseum als attraktives Anschauungsobjekt, z.B. bei Führungen.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

     

  • Riesenbiber

    Riesenbiber  Castoroides ohloensis
    Schädelabguss, USA, California, 2000er Jahre
    Polyurethan-Kunststoff

    ► Der Riesenbiber Castoroides ohioensis ist ein Verwandter unserer heutigen Biber, der einst in Nordamerika lebte. Der Riesenbiber war der Gigant unter den Nagetieren. Mit rund 15 cm Länge sind nicht nur die Schneidezähne beeindruckend. Die Körperlänge eines Riesenbibers betrug bis zu 2.5 Metern.
    Abgesehen von ihrer Grösse sahen Riesenbiber den heutigen Bibern wohl sehr ähnlich. Neuere Untersuchungen gehen jedoch davon aus, dass die Riesenbiber weder Bäume fällten, noch Rinde und Holz frassen. Stattdessen bevorzugten sie Wasserpflanzen, die damals in riesigen Sümpfen gediehen. Als weite Teile Nordamerikas nach der Eiszeit wärmer wurden, verschwanden viele der grossen Feuchtgebiete – und mit ihnen auch die Riesenbiber. Das war vor rund 10000 Jahren.   

    ► Im Jahr 2005 erarbeitete das Naturmuseum Thurgau zusammen mit dem Naturmuseum Olten eine Sonderausstellung zum Thema Biber. Im Teil ‹Entwicklung – Körperbau – Verbreitung› kam dieser Abguss eines Riesenbiberschädels zum Einsatz. Er zeigte im Vergleich mit anderen Nagetierschädeln, wie Nutria oder Bisam, die Verwandtschaftsbeziehungen des Europäischen Bibers auf. Nachdem die Ausstellung in Frauenfeld und in Olten gezeigt worden war, kam sie in die Ausstellungsbörse der Schweizer Naturmuseen. 
    Der Schädelabguss des Riesenbibers war 14 Jahre an verschiedenen Ausstellungsorten in der Schweiz und in Deutschland zu sehen. Während dieser Zeit zählte die Ausstellung über 200 000 Besuchende, darunter über 1 000 Schulklassen.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Europäischer Biber

    Europäischer Biber  Castor fiber
    Schädel, Uesslingen-Buch, 1979
    Knochen, Zähne

    ► An einem Biberschädel stechen einem die vier überlangen Schneidezähne sofort ins Auge. Sie sind typisch für ein Nagetiergebiss, wie es der Biber hat. Die meisselartigen Schneidezähne wachsen ein Leben lang. Sie sind auf der Aussenseite mit einem orangeroten, eisenoxidhaltigen und damit sehr harten Zahnschmelz versehen. Das Zahnbein dahinter ist im Vergleich dazu weicher. Durch diesen Aufbau nutzen sich die Zähne während des Nagens so ab, dass sie sich selber schärfen. 
    Zusammen mit kräftigen Kaumuskeln ist der Biber als Holzfäller bestens ausgerüstet: Einen Baum von 30 bis 40 cm Stammdurchmesser soll er in nur einer Nacht fällen können.  

    ► Im Dezember 1979 wurde unweit seines Baus am Hüttwilersee ein toter Biber gefunden, bei dem sich bereits ein starker Verwesungsgeruch entwickelt hatte. Heute würde man ein totes Tier in diesem Zustand fachgerecht entsorgen. Damals informierte man neben dem Veterinäramt auch das Naturmuseum Thurgau. Seit seiner Wiederansiedlung 1965 entwickelte sich der Biberbestand im Thurgau zwar erfreulich. 1979 war die Tierart aber noch deutlich weniger weit verbreitet wie heute. Der damalige Museumsleiter August Schläfli (*1934) liess deshalb den Schädel des bereits verwesenden Bibers als Anschauungsobjekt präparieren.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Weissstorch

    Weissstorch  Ciconia ciconia
    Schädel, Bürglen, 2010
    Knochen

    ► Mit seinem langen roten Schnabel ist der Weissstorch unverwechselbar. Mit ihm kann er wie mit einer Pinzette seine Beute ergreifen. Auf Sammeljagd schreitet er eine Wiese oder einen Acker ab und nimmt mit dem Schnabel kleine und grössere Insekten, Regenwürmer, Frösche, Eidechsen, Raupen und Käfer auf. Gelegentlich jagt er auch Kleinsäuger wie Mäuse, denen er, ähnlich einer Katze, auflauert und sie mit seinem Schnabel packt.  
    Der Schnabel dient dem Storch auch zur innerartlichen Kommunikation. Mit Schnabelklappern begrüsst er seinen Partner oder wehrt Konkurrenten um das Nest ab. Auch das Balzritual geht mit ausgiebigem gemeinsamen Schnabelklappern einher. 

    ► Im August 2010 wurde in Opfershofen ein toter Storch gefunden. Er war im selben Frühjahr geschlüpft und nur 44 Tage zuvor einen Kilometer von seinem Fundort entfernt beringt worden. Das tote Tier wies Brustverletzungen auf, die vermuten liessen, es sei in eine Stromleitung geflogen. Über die Jagd- und Fischereiverwaltung kam der Storch am 26. August 2010 ins Naturmuseum. Aufgrund seiner Verletzungen konnte daraus kein Ganzpräparat hergestellt werden. Aber aus dem Kopf des Vogels gewann der Präparator den eindrücklichen Schädel des Tiers, der nun als Anschauungsobjekt bei Führungen eingesetzt wird.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Zitzenzahnelefant

    Zitzenzahnelefant  Gomphotherium angustidens
    Schädelfragmente, Frauenfeld, 1899
    Knochen, Zähne, versteinert, Gips

    Hörstation Zitzenzahnelefant 3:47

    ► Zugegeben, es braucht einiges an Fantasie, in diesem Gesteinsschutt die fossilen Überreste eines Schädels zu erkennen. Ihr Finder, Heinrich Wegelin, konnte sie jedoch als Überreste eines Zitzenzahnelefanten identifizieren. Aufgrund der starken Abnutzung der Zähne kam er zudem zum Schluss, dass es sich hierbei um ein ‹altes Exemplar› gehandelt haben muss. Im Schädel früher Elefantenformen, zu denen der Zitzenzahnelefant zählt, sassen vier Stosszähne: zwei grosse, schwach gebogene im Oberkiefer und zwei kleine, gerade im Unterkiefer. Heutige Elefanten haben nur noch zwei Stosszähne. 
    Zitzenzahnelefanten waren einst weit verbreitet. Das in Frauenfeld gefundene Exemplar deutet darauf hin, dass zu Lebzeiten des Tiers im Thurgau ein warm-gemässigtes Klima geherrscht haben musste, in etwa so wie heute auf den Kanarischen Inseln. 

    ► 1899 fand Heinrich Wegelin (1853–1940), der das Naturmuseum von 1897 bis 1940 leitete, in Frauenfeld bei der Königswuhr die Schädelfragmente dieses Zitzenzahnelefanten. Der Fund war eine kleine Sensation, denn bis dahin waren im Thurgau nur wenige fossile Vertreter von Säugetieren gefunden worden. Johannes Eberli (1860–1928), u.a. Vorstandsmitglied der Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft (TNG), dokumentierte das Ereignis ein Jahr später in seinem Aufsatz ‹Aus der Geologie des Kantons Thurgau› im Band 14 der Mitteilungen der TNG. 
    Das Herausarbeiten des Schädels aus dem Sandsteinblock hatte sich offenbar sehr schwierig gestaltet. Der Grossteil des Fundes zerfiel, da Knochen und Zähne der Verwitterung des Felsens zum Opfer gefallen waren. 


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Steinmarder

    Steinmarder  Martes foina
    Schädel, Romanshorn, 2016
    Knochen, Zähne

    ► Der Schädel dieses Steinmarders wurde zur exakten Bestimmung des Tiers und nicht für Ausstellungszwecke präpariert. Der Präparator legte hierzu den Schädel in ein Terrarium mit Speckkäferlarven. Diese befreiten den Knochen von den Überresten aus Fleisch, Haut und Fell. Zweck dieser Grobpräparation war es, das Gebiss vollständig freizulegen. Beim Auffinden des Tiers war nämlich unklar, ob es sich um ein Frettchen oder um einen Steinmarder handelte, denn das Tier war weiss gefärbt. Albinoide Steinmarder gibt es zwar, sie sind aber selten. Die Unterscheidung zwischen Frettchen und Steinmarder ist am besten anhand des Gebisses möglich: aufgrund der Anzahl Prämolaren, der Vorbackenzähne, konnte das Tier eindeutig als Steinmarder bestimmt werden.

    ► In den Jahren 2015 und 2016 erhielt das Naturmuseum in kurzem Abstand zwei vollkommen weisse, marderartige Tiere, beides Verkehrsopfer aus Romanshorn. Die auffällig gefärbten Tiere waren schon vor ihrem Unfalltod von einigen Personen beobachtet worden. Eines davon lebte sogar über längere Zeit im Komposthaufen einer Beobachterin. Waren dies Frettchen, die aus einem Gehege entwichen waren oder konnte es tatsächlich sein, dass in so kurzer Zeit hintereinander in derselben Umgebung zwei Steinmarder-Albinos auftauchen? Das Naturmuseum Thurgau wollte es genau wissen und beauftragte den Tierpräparator mit einer Grobpräparation der Schädel.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Braunbär

    Braunbär  Ursus arctos
    Schädel, Immenberg, 1985
    Knochen, Zähne

    ► Fachleute am Zoologischen Museum in Zürich untersuchten diesen Braunbärenschädel mit eigenartigem Fundort im Thurgau. Die Zähne im Schädel eines Säugetieres verraten viel über die Ernährungsweise, das Alter und das Geschlecht oder auch Krankheiten des Tieres. Die Experten kamen zum Schluss, dass es sich um einen gut einjährigen Bären handeln musste, der seine Zähne auf unnatürliche Art be- und abnutzte. Die Tatsache, dass nur die vorderen Backenzähne stark abgeschliffen sind, könnte darauf hindeuten, dass das bedauernswerte Tier als Tanzbär an einer Trense geführt wurde.

    ► Der Schädel des Braunbären kam 1985 in die Sammlung des Naturmuseums. Der Finder behauptete, ihn am Südhang des Immenbergs gefunden zu haben. Obwohl der damalige Museumsleiter August Schläfli (*1934) die Zuverlässigkeit der Fundangaben anzweifelte, kaufte er dem Finder den Schädel für 100 Franken ab, denn als Demonstrationsmaterial ist ein echter Bärenschädel ein eindrückliches Objekt. 
    Heute ist das Naturmuseum Thurgau aufgrund der Fortschritte in Sachen Artenschutz noch vorsichtiger bei der Übernahme von Überresten geschützter Tierarten. Die Herkunft solcher Arten muss lückenlos geklärt, ihre allfällige Einfuhr amtlich ausgewiesen und mit den entsprechenden Dokumenten belegt sein.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Walross

    Walross  Odobenus rosmarus
    Schädel, Norwegen, 1899
    Knochen, Zähne, Flachsschnur

    Hörstation Walross 3:40

    ► Am Walross-Schädel fallen zuerst die zwei langen Stosszähne auf. Beide Geschlechter dieser Robbenart, die in den kalten Meeren des Nordens lebt, besitzen solche. Sie dienen den Tieren zum Aufbrechen von Atemlöchern im Eis, als Hilfsmittel beim Verlassen des Wassers und zur Verteidigung. Zudem klären sie durch die Präsentation ihrer Stosszähne Konflikte untereinander. Zum Kampf kommt es nur zwischen Tieren mit ähnlich grossen Stosszähnen. 
    Aufgrund der Abnutzung der Backenzähne und der Länge der Stosszähne scheint es sich um ein Tier gehandelt zu haben, das zum Zeitpunkt seines Todes 14 bis 20 Jahre alt war. Länge und Abstand der Stosszähne zueinander deuten auf ein Weibchen hin. Der Schädel weist zudem leichte Verwitterungsspuren auf. Gut möglich, dass er als Strandgut gefunden wurde.

    ► Diesen Walross-Schädel kaufte der Frauenfelder Arzt Elias Haffter (1851–1909) 1899 auf der Rückfahrt seiner ‹Nordlandreise›, die ihn bis nach Spitzbergen führte, bei der Firma Paul Figenschau in Tromsö. Eigentlich hätte er einen solchen Schädel gerne bereits weiter nördlich bei den Einheimischen gekauft. Die Reiseleitung jedoch behauptete, später böten sich dazu noch bessere Gelegenheiten. Dem war nicht so: 60 Kronen musste Elias Haffter bezahlen und ärgerte sich sehr über diesen hohen Preis, den der professionelle Händler in Tromsö verlangte. Als 1934 nach dem Tod von Anna Roth (1857–1934), Elias Haffters langjähriger Mitarbeiterin, der Haushalt in seinem Wohnsitz aufgelöst wird, kommt der Walross-Schädel zusammen mit zahlreichen weiteren zoologischen, botanischen, mineralogischen und ethnografischen Objekten aus seinem Nachlass in die Sammlung des Naturmuseums Thurgau.


    Thurgauer Finder

  • Apfel

    Apfel  Malus domestica
    Blütenkopfmodell, Deutschland, 2. Hälfte 20. Jahrhundert
    Kunststoff, Aluminium, Acrylfarbe

    ► Solange die Apfelblüten noch geschlossen sind, leuchten sie rosa bis dunkelrot. Wenn sie sich dann ganz öffnen, werden die fünf Blütenblätter schneeweiss. Der Aufbau einer Blüte ist recht komplex: der in der Regel grüne Blütenkelch und die meist andersfarbige Blütenkrone bilden zusammen die Blütenhülle. Darin eingeschlossen sind die Staubblätter (im Modell gelb gefärbte, kugelartige Gebilde), die männlichen Geschlechtsorgane, und der aus einem oder mehreren Fruchtblättern gebildete Stempel, das weibliche Geschlechtsorgan der Pflanze (im Modell tellerförmig, mit dickem grünem Stiel). Die Botanik spricht übrigens selten vom Blütenkopf, sondern, ganz einfach, von der Blüte.

    ► Das Modell zeigt den 9-fach vergrösserten Blütenkopf einer Apfelblüte. Es gehört zu einer Serie von Blütenmodellen, die wahrscheinlich in den 1980er Jahren vom damaligen Museumsdirektor August Schläfli (*1934) zu Anschauungszwecken angeschafft wurde. Das Modell stammt von der Firma PHYWE (Physikalische Werkstätten AG) in Göttingen, welche seit 1913 wissenschaftliche Geräte, Experimente und Modelle für die schulische Ausbildung und wissenschaftliche Forschung produziert.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Braunstein

    Braunstein  Manganmineral
    Glaskopf aus Braunstein, Deutschland, Bayern, 19. Jahrhundert
    Eisenoxyd

    ► Was auf den ersten Blick an versteinerten Brokkoli erinnern mag, ist ein Glaskopf aus Braunstein. Glaskopf ist die Bezeichnung für das besondere Resultat eines Mineralwachstums. Bei diesem Stück haben sich aus Braunstein durch physikalisch-chemische Prozesse kugelige Ausformungen gebildet. Durch Kristallisation erhalten sie eine glänzende Oberfläche. Die Bezeichnung Glaskopf ergibt sich dabei aus dem glänzenden Aussehen (wie Glas) und der runden Form (wie ein Kopf). 

    ► Die Mineraliensammlung des Naturmuseums Thurgau stammt ursprünglich hauptsächlich aus zwei Quellen: einerseits vom 1833 geborenen Arzt Dr. Fridolin Schläpfer in Tägerwilen, dessen Vater ein Mineraliensammler gewesen war. Andererseits von Apotheker Victor Schildt (1852–1943) in Frauenfeld. Dieser Glaskopf aus Braun-stein stammt aus Bayern und ist ein Belegstück aus der Sammlung von Dr. Schläpfer. Er dürfte um 1900 wahrscheinlich aus dessen Nachlass in die Sammlung gekommen sein.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Mensch (Kehlkopfmodell)

    Mensch  Homo sapiens
    Kehlkopfmodell, Deutschland, 2. Hälfte 20. Jahrhundert
    Gips, Acrylfarbe, Gummi, Nylon, Baumwollschnur

    ► Ohne Kehlkopf würden wir beim Essen und Trinken ersticken. Wie dieser unscheinbare, doch lebenswichtige Körperteil funktioniert, kann am Modell, das Nasen-, Mund- und Rachenhöhle in zweifacher Vergrösserung zeigt, demonstriert werden. Der Kehlkopf (im Modell blau gefärbt) befindet sich an der ‹Kreuzung› von Luft- und Speiseröhre. Beim Schlucken wird er angehoben, so dass die Luftröhre vom darüber liegenden Kehldeckel (dieser sitzt am Modell hinter dem blau gefärbten Kehlkopf) verschlossen und das Eindringen von Fremdkörpern verhindert wird. Mittels einer einfachen Vorrichtung lässt sich dieser Mechanismus am Modell nachvollziehen.
    Die chirurgische Schnittführung, die es ermöglicht, den Kehlkopf auf diese Weise zu zeigen, folgt einer vorgestellten Mittellinie des ganzen Körpers und heisst Medianschnitt.

    ► Dieses Modell eines menschlichen Kehlkopfs ist eines von verschiedenen humananatomischen Modellen, die sich in der Sammlung des Naturmuseums befinden. Wahrscheinlich wurden sie Anfang der 1970er Jahre für den Ausstellungsteil zum Thema Mensch, den Museumsleiter August Schläfli (*1934) dannzumal einrichtete, bei der traditionsreichen Firma Somso in Thüringen gekauft und für die Ausstellung oder als Demonstrationsmaterial bei Führungen eingesetzt.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

     

  • Blumenkohl

    Blumenkohl  Brassica oleracea var. Botrytis
    Blütenkopf, Nahrungsmittelmodell, 2. Hälfte 20. Jahrhundert
    Kunststoff

    ► Wenn wir Blumenkohl essen, verspeisen wir einen Kopf. Als Kopf, oder auch Blume, wird der stark gestauchte, kompakte Blütenstand des Blumenkohls genannt. Blumenkohl ist eine einjährige Kohlsorte, von der man den fleischig verdickten, noch nicht voll entwickelten Blütenstand erntet.
    Blumenkohl zählt, wie die Artischocke oder der Brokkoli, zu den Blütengemüsen. Bei Blütengemüsen werden die Knospen oder noch geschlossenen Blüten verzehrt, da die voll entwickelten Blüten weniger Geschmack haben, bitter oder schwerer verdaulich sind. Nicht geernteter Blumenkohl schiesst aus: der gestauchte Spross streckt sich, die weissen Blumenkohlröschen öffnen sich, bilden gelbe Blüten und danach Samen.

    ► Im Naturmuseum befindet sich ein Fundus an Nahrungsmittelmodellen aus Plastik. Dazu gehört dieser Blütenkopf eines Blumenkohls. Leider ist nicht überliefert, wozu diese Nahrungsmittelmodelle verwendet wurden. Wahrscheinlich ist, dass sie eher als Dekorations- denn als Anschauungsmaterial dienten. 
    Diese Blumenkohl-Nachbildung kommt billig und wenig detail- und farbgetreu daher. Von Qualität ist im Vergleich mit den hier ebenfalls präsentierten wissenschaftlichen Modellen nicht zu sprechen. Letztere werden mit einer Mischung von ausgewiesenem Expertenwissen kombiniert mit moderner Technik und sorgfältiger Handarbeit hergestellt. Sie sind wissenschaftlich exakt nachgebildet und bemalt und entsprechend kostspielig. 


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

     

  • Alpen-Akelei

    Alpen-Akelei  Aquilegia alpina
    Blütenkopf, Zeichnung von Olga Mötteli, Zermatt (VS), 1939
    Bleistift, Farbstift auf Papier

    ► Auffällig an der Blüte der Alpen-Akelei, wie bei den meisten Akeleien, sind die fünf Kronblätter mit dem nach hinten gerichteten Nektarsporn. Die Alpen-Akelei gibt im Sporn reichlich Nektar ab. Mit der zuckerhaltigen Flüssigkeit lockt sie Insekten zur Bestäubung ihrer Blüten an. Nur langrüsslige Hummeln können diesen von oben her erreichen. Die Insekten halten sich dabei am Rand der Kronblätter fest und dringen mit ihrem Kopf in den lang ausgezogenen Sporn ein, um den Nektar aufzusaugen.
    Es geht aber auch anders: verschiedene Insektenarten bohren die Sporne von der Seite her an. Das ist jedoch nicht im Sinne der Pflanze, die dadurch viel seltener bestäubt wird. 

    ► Das Bild zeigt den Blütenkopf einer Alpen-Akelei, einer voralpinen bis alpinen Pflanzenart, die erst in Höhenlagen ab 1200 bis höchstens 2600 Metern vorkommt. Die Frauenfelderin Olga Mötteli (1886–1944) zeichnete ihn am 25. Juli 1939 bei einem Aufenthalt in Zermatt. 
    Olga Mötteli stand von 1936 bis 1944 als erste Frau in der Schweiz einem Naturmuseum vor, dem Naturmuseum Thurgau. In ihrem Nachlass finden sich zahlreiche Zeichnungen und Skizzen von Blumen, Schnecken und Moosen. Sie zeigen, dass sie das Zeichnen unter anderem als Schule des Sehens einsetzte. Genaues Beobachten und Festhalten sind für die Artenbestimmung grundlegend. Manchmal können zwei Arten nur aufgrund kleinster Details unterschieden werden. 


    Thurgauer Finderin

  • Rotkohl

    Rotkohl  Brassica oleracea convar. capitata var. rubra
    Kohlkopf, Diapositiv, Frauenfeld, 1990er Jahre
    Polyesterfolie, Kunststoffrahmen

    ► Der Rotkohl ist ein sogenannter Kopfkohl, zu dem auch Weisskohl und Wirsing zählen. Der Kopfkohl ist eine zweijährige, krautige Pflanze und bildet im ersten Jahr einen Kopf von sortentypischer Grösse und Festigkeit. Die Blätter des Rotkohls sind fleischig und lappenförmig. Erst im zweiten Jahr löst sich der Kopf auf und bildet einen Blütenstand mit gelben Blüten, dann Schoten mit Samen. 
    Rotkohl ist reich an Mineralstoffen wie Eisen, Ascorbinsäure (Vitamin C) sowie an den für seine Farbe verantwortlichen sekundären Pflanzenstoffen, den Anthocyanen. Ihnen wird eine Stärkung des Immunsystems und eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt. 

    ► Diese Fotografie eines Rotkohlkopfs ist Teil einer Diaserie, welche Franziska Feigenwinter (*1963), die wissenschaftliche Leiterin des Museumsgartens, Ende der 1990er Jahre parallel zum Museumsgarten angelegt hat. Auf rund 300 Quadratmetern Fläche gibt der Garten Einblick in die Vielfalt unserer Kulturpflanzen. Die Diaserie umfasst 800 Fotos von Pflanzen aus dem Museumsgarten, die verschiedenen Nutzungsgruppen, wie z.B. Gemüse, Getreide, Obst, Kräuter, Färber- oder Öl-Pflanzen zugeteilt sind. Der Rotkohlkopf gehört zur Nutzungsgruppe der Gemüse.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau

  • Schwefelgelbe Anemone

    Schwefelgelbe Anemone  Pulsatilla alpina subsp. apiifolia
    Blütenkopf, Zeichnung von Lina Burkart, Avers (GR), 1938
    Gouache auf Papier

    ► Die grosse Blüte der Schwefelgelben Anemone, auch Schwefel-Anemone oder Schwefel-Küchenschelle genannt, mit den leuchtend weiss bis gelben Blütenblättern sticht einem sofort ins Auge. Was bei der Schwefelgelben Anemone tatsächlich stark an einen Kopf erinnert, ist ihr Fruchtstand: im Zuge der Fruchtreife verlängern sich nämlich die fedrig-behaarten Griffel auf bis zu fünf Zentimeter, sodass der Fruchtstand der Pflanze ein auffallend haarschopfartiges Erscheinungsbild zeigt. Kein Wunder, wird die Pflanze in Anlehnung an dieses Erscheinungsbild des Fruchtstandes darum auch ‹Wilder Mann› oder ‹Haarmannli› genannt.

    ► 1973 schenkte Lina Burkhart (1903–1982), Bürgerin von Weinfelden, dem Naturmuseum eine Sammlung von 55 Alpenpflanzen-Porträts, welche sie 1938 in ihren Sommerferien im Avers gemalt hatte. Offenbar hatte sie diese nach ihren Ferien dem damaligen Museumsdirektor, Heinrich Wegelin (1853–1940), gezeigt und ihn um die korrekte Bestimmung der Pflanzenbilder gebeten. Praktisch alle Zeichnungen sind mit deutschem und wissenschaftlichem Namen beschriftet, was für die detailgetreue Wiedergabe der Pflanzen spricht. Als Lina Burkhart 1973 für die Bilder einen Platz suchte, dachte sie wohl in dankbarer Erinnerung an das Naturmuseum und schenkte sie dem neuen Museumsdirektor, August Schläfli (*1934). Ihre 55 Gouachen sind heute Teil der knapp 2 000 Bilder umfassenden grafischen Sammlung des Naturmuseums.


    Thurgauer Finderin

  • Bohrkopf

    Bohrkopf 
    Tiefbohrung Herdern, 1982
    Eisen, Ölfarbe

    Hörstation Bohrkopf 3:07

    ► Im Zuge der weltweiten Ölkrise suchte man in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Schweiz nach Erdöl und Erdgas und führte an verschiedenen Standorten Tiefbohrungen durch, so auch im Thurgau. Der hier gezeigte Bohrkopf wurde bei der Tiefbohrung in der Nähe von Herdern, bei der 1982 mehr als zwei Kilometer tief in die Erde gebohrt wurde, verwendet. Die Bohrung bei Herdern war die wichtigste Tiefbohrung auf dem Kantonsgebiet und damals die modernste Erdöl-Explorationsbohrung der gesamten Nordschweiz. Man stiess dabei zwar nicht auf rentable Erdgas- oder Erdölvorkommen. Die Bohrung eröffnete aber einen neuen, detaillierten Einblick in den Thurgauer Untergrund.

    ► Dieser Bohrkopf kam, wie auch eine Reihe von Bohr- und Bodenproben, über den in Herdern wohnhaften Primar- und Reallehrer Hugo Hornstein (1932–2018) ins Museum. Hornstein bemühte sich bereits 1982 um die Relikte der Bohrung. Als gelernter Maschinenbauer revidierte er den Bohrkopf eigenhändig und versah ihn wohl zusätzlich auch mit der Farbe, die heute noch sichtbar ist. Wahrscheinlich brachte sie der leidenschaftliche Lehrer zu Demonstrationszwecken an. Was er damit zeigen wollte, ist allerdings nicht überliefert. 
    Seit 2005 ist der Bohrkopf, zusammen mit einem Fläschchen Thurgauer Erdöl aus einer Bohrung bei Berlingen, in der Dauerausstellung des Naturmuseums im Raum zur Geologie des Thurgaus zu sehen.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Waschbär

    Waschbär  Procyon lotor
    Fell, Roggwil, 2007
    Organisches Material, gegerbt

    Hörstation Waschbär 5:29

    ► Bei Belegen ohne Kopf fehlt eine wichtige Informationsquelle, denn Schädel geben zentrale Hinweise für die Artbestimmung. Beim vorliegenden Fall war die Bestimmung jedoch aufgrund des typischen Schwanzes, der Krallen an Vorder- und Hinterpfoten sowie der Beschaffenheit des Fells eindeutig – selbst ohne Kopf. 
    Aus Nord- und Mittelamerika stammend wurde der Waschbär in Europa seines Pelzes wegen gezüchtet. Einzeltiere entkamen oder wurden ausgesetzt, vor allem in Deutschland und Nordfrankreich. Seit Mitte der 1970er Jahre werden auch in der Schweiz immer wieder vereinzelt Waschbären gesichtet. Der Waschbär gilt jedoch als Faunenfremdling und wird daher konsequent bejagt. 

    ► Am 24. Oktober 2007 wurde auf dem Gemeindegebiet von Roggwil ein toter Waschbär gefunden. Er war von einem Zug überfahren und sein Kopf dabei abgetrennt worden. Dieser konnte, trotz intensiver Suche, nicht gefunden werden. Die anschliessend durchgeführte Untersuchung des Tierkörpers am Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin in Bern ergab keine Hinweise darauf, dass es in einem Gehege gehalten worden wäre. Der Kadaver wird deshalb als erstes sicheres Belegexemplar eines freilebenden Waschbärs im Kanton Thurgau betrachtet. Als solches wird er im Naturmuseum aufbewahrt – allerdings mangels Kopf nur als gegerbtes Fell und nicht als Ganzkörperpräparat.


    Fundort im Kanton Thurgau

  • Kopfkino

    Mensch  Homo sapiens
    Kopfkino, Audio-CD, Markus Keller, Frauenfeld 2010
    Polycarbonat, Metallschicht, Schutzlack, Druckfarbe, Edding

    Hörstation Kopfkino

    ► Der Sehsinn ist der wichtigste Sinn des Menschen. An zweiter Stelle steht der Hörsinn. Optische Reize lassen zusammen mit akustischer Wahrnehmung das vertraute Abbild unserer Umwelt im Gehirn entstehen. Schalten wir den Sehsinn aus, passiert Erstaunliches: Der Ablauf von Geräuschen, Stimmen und Tönen erzeugt Atmosphären und ruft Bilder hervor: Der Geräuschespaziergang nimmt Sie mit auf eine akustische Reise, die sich im Kopf zu einem Film zusammenfügt – Kopfkino im besten Sinne.

    ► Im September 2010 machte der Brainbus, eine mobile Ausstellung der neurowissenschaftlichen Institute der Schweizer Universitäten Halt in Frauenfeld. Die Wanderausstellung, präsentiert in einem alten Bus, stand nur wenige Meter entfernt vom Museum. Sie zeigte den kompliziertesten Körperteil des Menschen, das Gehirn. Ergänzend zur Ausstellung im Bus produzierte das Naturmuseum einen Geräuschespaziergang, ein Kopfkino für Neugierige. Die CD ist einer von knapp 600 solchen Datenträgern, die im Archiv des Naturmuseums lagern. Sie enthalten Foto-, Film- und Tonmaterial, welches Aktivitäten und Geschichte des Naturmuseums dokumentiert. Dieses digitale Sammlungsmaterial wird aktuell von den Datenträgern weg auf einen externen Server übertragen.


    Verwendungszweck im Naturmuseum Thurgau